Im Zentrum der Prager Konferenz am 3. und 4. November 2022 standen Themen des Holocausts, wie die Zukunft der Erinnerungskultur, der Kampf gegen Antisemitismus und der Umgang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut. Die beteiligten Staaten wurden dazu aufgefordert, zur Umsetzung der Theresienstädter Erklärung auch neue Ideen zu entwickeln.
Die Theresienstädter Erklärung wurde 2009 zum Abschluss der Prager Konferenz über Holocaust-Vermögenswerte verabschiedet. 47 Staaten, darunter Deutschland, haben sich ihr angeschlossen. Die Erklärung behandelt unter anderem Fragen der sozialen Lage von Überlebenden der Schoa sowie der Bildung zum Holocaust. Sie bekräftigt die Grundsätze der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstgegenstände, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden.
Die Nachfolgekonferenz fand im Rahmen der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft statt. Kulturstaatsministerin Claudia Roth nahm als Vertreterin der Bundesregierung teil.
Deutsch-israelische Erklärung
„Wir müssen das Erinnern an den Holocaust erneuern und vertiefen“, sagte Roth bei einem Panel, das sich mit Bildung, Desinformation und der Zukunft des Gedenkens beschäftigte. Eine besondere Herausforderung sei dabei, dass immer weniger Holocaust-Überlebende von ihren Erfahrungen berichten können. „Wir müssen Wege finden, wie wir damit umgehen, dass es immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gibt, erklärte Roth. Dafür brauche es neue Formate.
Um Erinnerungen von Holocaust-Überlebenden auch für künftige Generationen zu sichern, hat Kulturstaatsministerin Roth in Prag mit der israelischen Ministerin für Soziale Gleichheit Meirav Cohen eine Erklärung verabschiedet. Geplant ist ein gemeinsames Projekt, um Berichte noch lebender Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Holocaust zu sammeln und zu erhalten. Die Ergebnisse sollen zu Bildungs- und Forschungszwecken genutzt werden.
Zum Nachlesen:
Gemeinsame Erklärung zur Zeitzeugenschaft
Besuch in der Gedenkstätte Theresienstadt
Im Zuge der Nachfolgekonferenz der Theresienstädter Erklärung besuchte Staatsministerin Roth während ihrer Reise auch das ehemalige Konzentrationslager Theresienstadt. Sie tauschte sich hier mit Jan Roubínek, Direktor der Gedenkstätte, und zwei Freiwilligen der Aktion Sühnezeichen aus.
Das Konzentrationslager Theresienstadt war ein Ort des Schreckens. Im Gestapo-Gefängnis, das hier ab 1939 einrichtet wurde, starben über 35.000 Menschen. 1941 wurde dort ein Sammel- und Durchgangslager eingerichtet, das hauptsächlich für die jüdische Bevölkerung Böhmens und Mährens gedacht war. Nach der Wannseekonferenz 1942 wurden auch Juden aus Deutschland und anderen besetzten europäischen Ländern in das ghettoähnliche Lager deportiert. Von den insgesamt 160.000 Ghettohäftlingen wurden über 87.000 in Vernichtungslager deportiert, nur 3.800 von ihnen erlebten die Befreiung.
Zugleich war das Konzentrationslager auch ein Ort der Kultur. Jüdische Musiker, Maler und Wissenschaftler entfalteten eine enorme Produktivität, Lehrkräfte unterrichteten Kinder in Kellern und auf Dachböden. Es gab Theater- und Kabarettvorstellungen. Das NS-Regime nutzte die geistig-kulturellen Aktivitäten in Theresienstadt zu Propagandazwecken, um die internationale Öffentlichkeit über die Natur von Konzentrationslagern zu täuschen.